Samstag, 27. September 2008

Uniwoche No 1

Nach unserem erlebnisreichen Wochenende in Beidaihe, holte uns der Alltag mit dem Beginn unserer Unikurse schnell wieder ein. Insgesamt belegen wir bis jetzt vier Kurse:

1. Analytical Techniques
Mein absoluter Lieblingskurs, der zur besten Unizeit stattfindet: Hinter der Bezichnung verbirgt sich eine statistisch-mathematischer Kurs, der montags von 18.00 bis 21.30 Uhr stattfindet! Die Sache steigert sich ins unermesslich gute durch die Tatsache, dass unser Professor eher schlecht als recht das Englisch beherrscht und seinen Redefluss nach mindestens jedem zweiten Satz mit einem gehusteten Räuspern unterbricht.

2. Management in International Firms
Wäre eigentlich genau der richtige Kurs für mich, weil es sich dabei um einen Personalkurs handelt. Allerdings habe ich in meiner Unilaufbahn schon sooo viele Persokurse gehört, dass ich befürchte in diesem nichts neues mehr zu lernen. Die Dozentin scheint in Ordnung, doch hat sie sich ihr ganzes Wissen nur angelesen, da sie vorher Englisch studiert hat. Wir vermuten, dass sie den Job nur bekommen hat, weil sie Englisch sprechen kann...
Für mich wirft das folgende Frage auf: Wird diese Veranstaltung von einer wirtschaftlich-inkompetenten Englischlehrerin gehalten, oder ist Personalwesen so einfach und trivial, dass man da jeden Hansel hinsetzen kann..?

3. International Trade
Soweit ganz interessant. Weiß zwar auch nicht ob mir das fachlich irgendetwas bringen wird, jedoch erzählt die Dozentin während der Veranstaltung laufend irgendwelche Stories. Die müssen nicht mal mit dem Stoff zu tun haben. So erzählte sie z.B. von amerikanischen Touristen in Frankreich, die aus Angst vor evtl. unreinem Wasser ihr eigenes aus Amerika mitnahmen. Ob das Wasser, was sie aus Amerika mitnahmen von der Marke Evian stammt, oder nicht, ließ sie allerdings offen...
Dann fragte sie uns, was denn momentan eine Mangelware an der Wall Street sei...
... ja natürlich Papierboxen! Die bekommt jeder Banker, gefüllt mit seinen persönlichen Habseligkeiten, in die Hand gedrückt, bevor er wegen der andauernden Finanzkrise gefeuert und aus dem Büro begleitet wird.

4. International Strategy
Dies ist momentan das beliebteste Fach bei uns. Das liegt allerdings nicht an der Vorlesungsstoff. Ich werde dieses Veranstaltung, die bei uns auch als "Stategisches Management" bekannt ist, insgesamt zum dritten Mal hören. Einmal in Deutschland, einmal in Australien und jetzt hier in China. Nein, was uns wirklich begeistert ist die Doezntin: ausgezeichnetes Englich, taffes Auftreten und ein recht profisionelles Erscheinungsbild. Das sie mit ihren 35 Jahren schon 8 Jahre diesen Kurs unterrichtet, vorher 5 Jahre in einer Firma gearbeitet hat und nebenher noch ihr Kind erzieht, finde ich schon recht beeindruckend.

Insgesamt betrachte ich die Kurse (außer dem Analytical Techniques, wo das dicke Ende nur ein paar Wochen entfernt ist) momentan als mäßig große Herausforderung. Man wird zwar ordentlich arbeiten müssen, was sich durch Gruppenarbeiten, Präsentationen und Seminararbeiten einfach nicht vermeiden läßt, doch akademisches Neuland werde ich in China wohl nicht betreten. Dafür sorgen schon allein die eher mäßigen Englischkenntnisse meiner chinesischen Mitstudenten. Das geht sogar soweit, dass die Dozenten oft das gerade erzählte nochmal auf Chinesisch übersetzen. In dieser Zeit, die von 1-5 min dauern kann, sitzen die Austauschies einfach nur dumm rum und versuchen die Zeit totzuschlagen. Aber die Studenten können einem auch schon mal Leid tun. Sie beteiligen sich bisher eher zaghaft am Unterricht und während die Ausländer für ihre Kommentare schon mal ein Lob einstreichen, werden die Chinesen direkt am Vorlesungsbeginn kritisiert. Gleichzeitig wird eingefordert, dass sie ihr Englisch verbessern und da dies nur durch viel Arbeit zu bewerkstelligen ist, drücken ihnen die Dozenten noch extra Literaturrecherchen auf.
Neben uns fünf Studenten von der Uni Paderborn, nimmt noch der Engländer Matt an dem ganzen Programm teil. Er war schon vor 3 Jahren mal für 10 Monate in Peking und hat daher schon ein passables Mandarin drauf. Ohne größere Probleme unterhält er sich mit den chinesischen Studenten und tritt im Restaurant souverän auf.
Daneben gits noch Dorina, die in Cottbus studiert und einen Austausch hier macht. Sie nimmt allerdings nur an den Nachmittagvorlesugen teil, da sie morgens einen Chinesischkurs besucht. Genauso macht das der Spanier Tristan, der aus Valenzia kommt. Für Bartek, Lena und mich ist das eine hervorragende Gelegenheit mal wieder etwas Spanisch zu sprechen.

Aber auch ein paar von den Chinesen sind sehr nett und hilfsbereit. Mit zwei Mädels von unserem Kurs waren wir letztens in der Mensa, nachdem wir das erste Mal als wir die Mensa betraten, direkt wieder auf dem Absatz kehrt machten. Das sah alles sehr merkwürdig aus und das ganze Ding war einfach hoffnungslos überfüllt.
Bevor wir allerdings unser erstes Mensamenü zu uns nahmen, gabs noch einen weiten "Cultural Incident". Für die Mensa brauch man einen Mensakarte, die wir zwar haben, aber auf das wir bis zu dem Zeitpunkt noch kein Geld aufgezahlt hatten. Daher überlegten wir uns in die eher Restaurant-ähnliche "Dinning Hall No. 2" zu gehen, in der wir schon einige gute Mahlzeiten zu uns genommen hatten. (Ja, die schreiben hier "Dining Hall" mit doppel-n, warum auch immer.)
Die Mädels stimmten zu, obwohl sie eigentlich eine Mensakarte besaßen, die im Gegensatz zu unserer sogar mit genügend Geld ausgestattat war. Erst als wir auf Grund der Größe unserer Gruppe (wir waren insgesamt immerhin 7 Leute), keine Platz in der Dinning Hall No. 2 bekamen, wurde uns bewußt, dass das ganze Ding unter Umständen zu teuer für die beiden Mädels sein könnte. Mit durchschnittlich 2 € hatten wir für unsere Verhältnisse dort immer recht günstig gegessen, doch was können sich chinesische Studenten tatsächlich leisten?? Doch was sollten wir tun. Die beiden in die Mensa schicken, während wir dort blieben. Sollten wir unsere Karten aufladen, und die beiden zu jedem unserer Gänge mitnehmen. Schliesslich einigten wir uns darauf, dass sie für uns erstmal mitbezahlten, und wir ihnen später das Geld geben würden. Das nahmen sie nur leider später nicht an. Sie weigerten sich konsequent unser Geld zu akzeptieren. Zwar war das Essen unschlagbar günstig (ich glaube ich habe mir für 70 cent den Bauch voll geschlagen), doch weil sie für uns alle das ganze ausgelegt haben, war es für sie im nachhinein teurer als das Essen in der Dinning Hall No. 2.

Einer weiterer Vorfall der unter die Rubrik Kommunikationsschwierigkeit fallen könnte ereignete sich am Anfang der Woche. Aus irgendwelchen Gründen hatte Bartek keinen Zugang zum Internet mehr. Er gönnte sich eine neue W-LAN Karte und wollte das ganze auf seinem Notebook installieren. Doch leider war die Software als auch die Bedienungsanleitung nur auf Chinesisch vorhanden. Sein Notebook hat allerdings, genauso wie Bartek selbst, die polnische Nationalität, bzw. hat keine chinesische Spracherkennung, was dazu führte, dass alle in allen Fenster der Software nur lustige Kästchen erschienen. Später kam Felix, einer unserer chinesisichen Ansprechpartner bei uns vorbei, um uns zu sagen wo wir ein gutes Reisebüro finden könnten. Bartek schnappte sich direkt mal Felix und drückte ihm die chinesische Bedienungsanleitung in die Hand. Der war ein wenig überfordert, da er zwar die Bedienungsanleitung lesen konnte, aber natürlich mit den Kästchen auf dem Computer auch nichts anzufangen wußte. So saß ein Pole vor seinem polnischen "sprechenden" Computer und ein Chinese mit der chinesichen Bedienunngsanleitung vor der Software, die irgendwie keine Sprache so richtig sprach, und die ganze Unterhaltung lief auf Deutsch! Ich hätte mich vor Lachen schon wegwerfen können. Denn natürlich ist die Computersprache schon eine sehr spezielle Sprache und so saß ich noch dazwischen um eventuelle Sprachprobleme der beiden zu moderieren... Wir versuchten dann anhand dem Aufbau der verschiedenen Fenster die entsprechende Seite in der Anleitung zu finden und Felix versuchte dann zu erklären, worum es in dem entsprechenden Menü ging. So entstanden schon mal Dialoge wie dieser:

Felix: "So jetzt musst du den Verbindungstypen ändern"
Bartek:"Tja, was soll ich denn auswählen. Das mit drei Kästchen, oder das mit vier Kästchen?"
Ich: "... das mit vier Kästchen, das mit drei haben wir doch vorhin schon ausprobiert?!...oder war das ein anderes Fenster... Felix?!"

Letzendlich empfahl Felix Bartek sich doch einfach einen neuen Computer zu kaufen. Und nachdem wir danach erfolglos ein Internetkabel kauften und dies auch nicht funktionierte, ist Bartek nun stolzer Besitzer eines neuen Notebooks. Natürlich mit einer chinesischen Version von Windows...
Doch Barteks Glück scheint unermesslich. Nachdem wir ja seit letzter Woche im Besitz von neuen Fahrrädern sind, hielt Barteks Fahhrad genau eine Woche! Es wurde diese Woche vor unserer Haustür gestohlen! Schon dreist, aber eines neues Fahrrad ist schon verlockend. Seitdem achten wir alle darauf, unsere Fahrräder auch tatsächlich irgendwo fest anzuketten. Barteks neues gebrauchtes Fahrrad ist quietschrosa und ich bezweifle, dass dies jemand klauen will. Nur leider kam er damit auch nicht weit, bevor ihm die Fahrradkette abfiel. Für ein viertel des Kaufpreises ließ er sich eine neue Kette aufspannen und jetzt ist er endlich wieder mobil.

2 Kommentare:

Sara hat gesagt…

Die internationa-trade-Dozentin klingt doch sehr lustig!

Dani F. hat gesagt…

Dear Markus,

wow, lange hab ich´s nicht geschafft, Deine halsbrecherischen Abenteuer zu lesen - und nun das! Klingt alles ziemlich aufregend, aber auch anstrengend und teils gruselig.... ;o)

Freue mich aber, dass Du da einige Leute hast, mit denen man offensichtlich viel Spaß haben und seine Zeit vertun kann!

Neid, neid - solche Sehenswürdigkeiten sieht man nicht alle Tage! Mach mal schön weiter Fotos, damit wir uns hier ein wenig dran laben können!

LG aus dem sonnig-kalten Paddy sendet Dani