Wie auch in Australien werde ich in dieser Rubrik einfach ein paar "Unterschiede" zu Deutschland oder allgemein westlicher Lebensweise herausstellen. Und wie man sich vorstellen kann, sind diese Unterschieder krasser und häufiger als ich sie mir in Australien jemals hätte erträumen können...
Der Verkehr
Wo soll ich da nur anfangen!? Das ist im Grunde ein Kapitel für sich. Aber ich versuche mal einen kleinen Eindruck zu vermitteln.
Hier unsere Fahrradgang. Die Fahrräder haben wir direkt in unserer ersten Woche hier gekauft und die kommen auch fleißig zum Einsatz. Allerdings auf eigene Gefahr. Vor allem als Ausländer erregt man auf einem Fahrrad schon einiges Ausehen, und wenns dann noch fünf Langnasen sind... da drehen sich schon mal einige Köpfe um.
Das wichtigste im chinesischen Verkehr ist definitiv eine Hupe, bzw. wahlweise eine Klingel. Die wird allerdings nicht so wie in Deutschland verwandt um seinen Frust kundzutun oder andere Verkehrsteilnehmer an der Ampel aufzuwecken. Hier ist es mehr ein freundliches:"Paßt mal auf, hier bin ich!" Man macht im Grunde einfach nur auf sich aufmerksam und beim Überholen hupt man einfach präventiv. Mein Fahrrad hat keine Klingel und somit bin ich eingentlich ein behinderter und nicht vollwertiger Verkehrsteilnehmer.
Wo wir beim überholen sind: Das kann je nach Laune und Verkehrlage links, rechts, auf der Straße oder auf dem Standstreifen oder dem Radweg erfolgen. Niemanden interessierts. Das bezieht sich übrigens auch auf das allgemeine Fahren. Ich fahre z.B. regelmäßig auf der falschen Seite des Verkehrs bzw. im Gegenverkehr um einfach nicht die großen Ringstraßen überqueren zu müssen. Dabei kommt es schon mal zu brenzligen Situationen, doch im eingentlich ist es nicht gefährlicher als Fahrradfahren in Beijing an sich.
Ob das schon als überladen gilt? In Peking auf jeden Fall keine Seltenheit.
Als Fahrradfahrer steht man zwar über dem Fußgänger in der Verkehrshackordnung, doch Dreiräder und moterisierte Gefährte genießen immer noch mehr Respekt, ganz zu schweigen von den Bussen und Taxen, die irgendwie machen was sie wollen.
Ampeln sind so unwichtig wie Hupen wichtig sind. Niemand hält sich dran und Autos hupen einfach wenn sie durch die lästigen Fußgänger behindert über eine rote Ampel drüber fahren wollen. Das gleiche gilt für Zebrastreiben, die grundsätlich nur eine Überquerungsrahmen liefern, doch kein moterisierter Verkehrsteilnehmer käme auf die Idee von sich aus bei einem Zebrastreifen auf die Bremse zu steigen. Das kann nur durch eine Masse von Fahrrädern bzw. Fußgängern erzwungen werden. Man stellt sich einfach an eine Kreuzung oder Zebrastreifen und wartet so lange bis sich eine Gruppe von mehr als fünf Leuten gebildet hat. Dann kann man seine Überquerung (auch bei einer roten Ampel und im zweifelsfall auch bei einer grünen Ampel) erzwingen. Wichtig ist dabei nur möglichst einen Passanten oder Fahrradfahrer zwischen sich und dem anrasenden Verkehr als Pufferzone zu haben.
Straßenüberquerung in Xi'an
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen
1,3 Millarden Menschen wollen beschäftigt sein. Da sind die Chinesen auf die clevere Idee gekommen einfach Jobs zu schaffen, die eingentlich keiner braucht. Hier eine kleine, aber sicherlich unvollständige Auswahl:
- Typ, der im Carrefour am Rollband steht und den Einkaufswagen der Kunden vom Band zieht, egal ob das nötig ist oder nicht.
- Die Strich-auf-die-Eintrittskarte-mach-Servicekraft: und genau das tut sie/er auch. Sogar wenn später noch ein Abschnitt abgegeben werden muss.
- Diese Servicekraft wird natürlich noch von der Abschnitt-sortier-Servicekraft unterstüzt, die im Zweifel direkt neben der Strich-auf-der-Eintrittskarte-mach-Servicekraft steht.
- Die Bus-an-Haltestelle-Einweiser/in: Obwohl oftmals Schilder an den Bushaltestellen stehen, winkt diese Servicekraft den Bus an die Bushaltestelle heran und zeigt ihm wo er zu halten hat. Nicht das schon die Busnummern mit einem jeweiligen Haltestrich auf dem Asphlat geschrieben wären. Aber die Busfahrer könnten ja vergessen dort anzuhalten.
- Der Haarewascher ist beim Friseur tatsächlich nur für das Waschen der Haare zuständig. Und wenn keine Haare gewaschen werden müssen, langweilt er sich, denn fegen tut ein anderer. So hat da jeder seine Kernkompetenz.
- Busschaffner: Hier zahlt nicht wie in Deutschland beim Fahrer, sonder beim Schaffner (sagt man das so beim Bus) bzw. in den meisten Fällen bei der Schaffnerin. Die sagt auch beim Ausfallen der Lausprecheranlage die Stationen an und fungiert beim Abbiegen als Blinkerersatz bzw. schreit aus dem Fenster heraus mögliche Verkehrsteilnehmer an, die das Abbiegen behindern könnten.
- Schlangeneinweiser: Weisen einem vor allen bei Flughäfen und sonstigen Kontrollvorgängen die Schlange zu, wo möglichst wenig Wartezeit entsteht.
- Fahrradaufpasser: eher "Freiberufler", die vor Supermärkten auf die Fahrräder "aufpassen" (was auch immer das bedeutet) und im Weg stehende Fahrräder 10cm zu Seite räumen, obwohl man das auch ohne Probleme selbst schaffen könnte. Dafür berechnen sie dann zwischen 1 und 5 cent.
- Fahrkartenkontrolleure: Der erste kontrolliert wenn man auf die Bahnsteige will. Dann wird nochmal gecheckt bevor man sein Abteil betritt. Dann wird während der Fahrt kontrolliert ob man auch auf dem richtigen Platz sitzt. Und bevor man dann den Zielbahnhof verläßt wird man bei Verlassen nochmal überprüft. So ist Schwarzfahren im Grunde unmöglich und es wurden insgesamt viermal so viele Arbeitsplätze geschaffen.
Unterricht in China
Bin ja schon auf so einiges bei meiner Kursbeschreibung eingegangen. Mittlerweile haben sich die Teilnehmerzahlen an den Kursen auch gelichtet und man bekommt so von der Dynamik einen Eindruck. Prinzipiell zieht der laoshi (Lehrer) seinen Unterricht durch, egal was die Studenten so treiben. Da gibt es unterschiedlichste Aktivitäten, die es zwar auch in Deutschland gibt, doch eher in Massenveranaltungen im AudiMax als in einem Seminar von ca 20 Leuten:
- Computer spielen: vor allen bei den chinesischen Jungs sehr beliebt
- Chinesisch lernen: wer das macht, kann man sich denken, oder?
- einen anderen Unterricht vorbereiten: Wir lesen schon mal Paper, die wir für das Seminar in der nächsten Stunde brauchen.
- Zeitung lesen
- chatten
- vor allem bei unseren chinesischen Kommulitonen sehr beliebt: schlafen! Wir haben uns mal sagen lassen, dass das eine Bezeugung von Respekt ist, da angenommen wird, dass der jeweilige Student am Tag davor soviel gelernt und gearbeitet hat, dass er/sie jetzt schlafen muss. Die laoshi's stört es auf jeden Fall nicht und sie wecken auch niemanden auf.
Hier noch ein paar kurze Begebenheiten:
- wenn man nicht verstanden wird, einfach das jeweilige Schriftzeichen auf die Hand mal um sich verständlich zu machen. Nur ein wenig schwer, wenn man die Schriftzeichen auch nicht kann...
- Immer wieder gern gesehen: Chinesen, die im Schlafanzug und nassen Haaren in den Supermarkt um die Ecke gehen. Vor allem auf dem Campus sehr beliebt- zu jeder Tages- und Nachtzeit... und zu jeder Jahreszeit. Vor allen Dingen jetzt eher ...bbbbrrrrrr...
- Der lange Fingernagel beim kleinen Finger. Ursprünglich ein Zeichen dafür, dass man nicht körperlich arbeiten muss. Ich habs jetzt schon häufig bei Taxifahrern und Servicepersonal gesehen. Aber auch Studenten/innen wurden schon damit besichtigt. Für mich ist das estethisch nicht mal schön, aber wenn die meinen...
- Matt und Julian haben regelmäßig Probleme mit den Pedalen ihrer Fahrräder. Anstatt das Ding professionell wieder anzuschrauben, nehmen die "Fahrradmann" (eine andere Bezeichnung fällt mir nicht ein, denn bei den Läden kann man vom Fahrrad aufpumpen bis Rad Wechseln alles machen) einen Hammer und hauen einfach mal drauf los. Das hält für 1-2 Tage und dann geht das ganze Spiel wieder von vorne los.
- Rülpsen: überall akzeptiert, angefangen im Restaurant bis zur Vorlesung und auch bei der Eröffnungsveranstaltung eine Wirstschaftskonferenz überhaupt kein Problem. Die einzigen die sich dabei umschauen, wer es gemacht hat, sind wir ignoranten Westler.
- Mais- oder Erbseneis. Benötigt keinen weiteren Kommentar!
- Handschlag: Fühlt sich meist so an, wie der leblose Schwanz einer Schlange. Ich hab immer Angst, dass ich ihnen was zerquetsche...
- Hello Kitty oder sonst was kitschig, bunt/pink oder zumindest mit Strasssteinchen und Blumenverzierungen versehen ist. Diese Kombination findet man vorrangig bei Frauen und dort meistens an beliebigen Kleidungsstücken wie Hose, Pulli, Jacke, Rucksack oder an der Lunchbox. Eher kitschig als süß!!!
Hier mal ein Beispiel. Shiyang trägt einen Pulli mit Fußspuren und an der Hose lassen sich bei genauerer Betrachtung eine florale Muster erkennen.
- Warmes Wasser bei jegweiligen Problemen. Sei es Durchfall, Müdigkeit, Erkältung, Schlaflosigkeit, Kater... Warmes Wasser ist im Grunde Allheilmittel. Daher verwundert es auch nicht, dass 90 Prozent der Chinesen mit einer kleinen Thermoskanne herumlaufen, in der sie warmes Wasser transportieren, dass sie vorher aus den reichlich vorhandenen Warmwasserspendern gezapft haben. Die gibts in der Uni, im Zug, im Restaurant und ab und zu auch in Geschäften.
- Bei Taxifahrern sollte man meinen, dass sie sich auskennen. Weit gefehlt! Uns ist es schon öfter mal ergangen, dass wir einem Taxifahrer ein Ziel genannt oder gezeigt haben und er uns willig in sein Taxi hat einsteigen lassen. Nach gut 30 Sekunden Fahrt zückt er dann sein Handy und ruft irgendwo an und wir verstehen aus den Satzfetzen im Grunde nur, dass er nachfragt wo das genannte Ziel sei? Da fühlt man sich doch gleich sehr aufgehobener und sicherer.
- Bei jeder U-Bahnstation wird das Gepäck gescannt und sei es nur eine Handtasche. Ich dachte, die Amis wären schon paranoid, doch hier ist das noch eine Nummer schlimmer.
- Wenn man einen Joghurt kauft, wird der Löffel immer mitgeliefert. Die Produzenten gehen wohl davon aus, dass der gemeine Chinese keinen Löffel besitzt und den Joghurt nicht mit den Stäbchen essen will. Ich sage: Wer eine Suppe mit Stäbchen essen kann, kann auch Joghurt mit Stäbchen essen!
1 Kommentar:
Großartig :-D
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