Nur nicht den Kopf verlieren. Weder beim Busfahren noch beim Recyclen in Chengde, denn offenbar dürfen hier nur kopflose Leute ihren Müll entsorgen...
Der Lonely Planet versprach eine schnelle Anreise mit dem Bus von 2,5h und somit war die Sache geritzt. Doch wenn man eine Reise tut kommt es erstens anders und zweitens als man denkt. Um kurz nach sechs hab ich mich aus dem Bett gequält und nachdem sogar Bartek rechtzeitig wach war, war ich im Grunde schon guten Mutes, dass es hier einmal alles gut gehen würde. Um acht Uhr wollten wir uns mit Dorina am Busbahnhof treffen um dann direkt mit dem nächsten Bus losfahren zu können. Bartek und ich waren sogar pünktlich, doch leider dauerte es bei Dorina noch ca. weitere 40min und drei Anrufe bis sie völlig abgehetzt und genervt ankam. Insgesamt war sie schon gute 2h (!) unterwegs gewesen! Doch hatten wir vermeindlich Glück, da der nächste Bus schon in 10 min abfahren würde. Schnell die Tickets gekauft, noch ein wenig zu Essen als Proviant besorgt und schon saßen wir im Bus auf den Weg nach Chengde.
Naja, wir saßen zwar im Bus, doch die nächsten 1,5h quälten wir uns erstmal im pekinger morgendlichen Stadtverkehr von Stau zu Stau. Als wir dann endlich aus dem Geschwindigkeitsbereich von unter 20kmh herauskamen, fuhren wir allerdings direkt auf Landstraßen weiter... Da kamen mir schon die ersten Zweifel an unserer Ankunftszeit so gegen Mittag. Aber als wäre das nicht schon schlimm genug gewesen kamen noch zwei wesentliche Faktoren hinzu, die nicht wirklich zum allgemeinen Wohlbefinden beitrugen. Zum einen fuhr der Busfahrer wie eine besengte Sau. Da wurde wild gehupt, rechts auf dem Standstreifen überholt, wobei keine Rücksicht auf etwailige Fahrradfahrer genommen wurde, die er einfach zur Seite hupte. Zum anderen bestand das Unterhaltungsprogramm aus chinesischen Talentshows. Und wenn chinesischer Pop nur schwer zu ertragen ist, führt chinesischer Schlager zu spontanem Hirnschmelzen. Als dann der Bus zwei Mal hinter einander anhielt, der Busfahrer anhielt, einmal um sein Gefährt herumlief, um dann unverrichteter Dinge wieder einzusteigen, war es mit meinem ohnehin schon spärlichen Vertrauen geschehen... Berechtigt, wie sich kurze Zeit später herausstellen sollte. Plötzlich gab es einen lauten Knall, der Fahrer stieg beherzt auf die Bremsen und wir schleuderten minimal mit dem Bus umher während uns allen das Herz in die Hose rutschte als wir mit woller Wucht in den jeweiligen Vordersitz gepresst wurden. Dem ersten Entsetzen und Geschreie im Bus folgte ein erleichtertes, wenn auch etwas verstörtes Aufatmen als klar wurde was passiert war: Ein Reifen war geplatzt, der sich jetzt bei jedem Meter lautstark bemerkbar machte. Aber alles kein Problem für die findigen Chinesen. Das Handy wurde gezückt und nach gut fünf Minuten stand ein Bus der selben Firma neben unserem und wir konnten umsteigen. Welch ein Glück, dass die Busse von Peking alle 20 Minuten losgehen, so dass wir nicht lange warten mussten.
Nach einer kurzen Pause und einem Klogang, der wohl unter den qualitativ unteren 5 Prozent zu finden ist, ging es dann auch schon wieder weiter. Das Unthaltungsprogramm wurde auch im zweiten Bus nicht besser. Das Highlight war sicherlich die Tänzerin die sich während des Tanzens allerlei Tiere in den Mund steckte um mit ihnen im Mund eine semi-spektakuläre Performance auf die Bühne zu bringen. Unter den Armen Geschöpfen, die Bekanntschaft mit ihre Karies machen durften war etliche Schlangen, eine riesige beharrte Spinne (wenn ich daran denke, wird mir schon ganz anders) und ein Salamander/Eidechse/Was-auch-immer-Tier-mit-Schwanz. Das letztere fühlte sich in dem Mund der Tänzerin (und der Gesellschaft der Spinne, die sich auch noch immer im Mund befand) offensichtlich nicht besonders wohl und versuchte einige Male mit heftigem Wackeln ihrem Schicksal und den halbmotivierten Tanzeinlagen zu entgehen, was den Bewegungsprozess der Tänzerin natürlich merklich beeinflusste.
Nach insgeamt 5,5h kamen wir dann in Chengde an und waren uns sicher, dass wir wohl nicht mit einem Schnellbus unterwegs gewesen waren. Nachdem wir ein Hotel (ja richtig gelesen! Ein Hotel, kein Hostel!) gefunden und uns fix mit einer Nudelsuppe gestärkt hatten, wollten wir mit unserem Sightseeing beginnen. Doch leider war es schon kurz vor vier, so dass uns insgesamt nur eine Stunde blieben, da alle Sehenswürdigkeiten in der Wintersaison schon um 17 Uhr schlossen. So reichte es nur für einen kleinen und unspektakulären Tempel. Danach streunten wir ein wenig unbeholfen in der Stadt umher und stellten fest, dass es schon einen eindeutigen Temperaturunterschied zwischen Chengde und Peking gab. Ohne Handschuhe und Schal würden wir uns diese Tage wohl nicht bewegen. Highlight des Nachmittags war eine Konditorei, wo wir bestimmt eine halbe Stunde durch eine Glasscheibe den Konditorangestellten bei ihrer Arbeit zusehen konnten. Sie zauberten teilweise innerhalb von 10-15 min ansehnliche aber (wie im Glossar beschrieben) ekligsüß scheckende Kunstwerke. Ihnen bei der Arbeit zusehen zu können, war schon sehr faszinierend. Jeder hat dort eine Spezialisierung. Der eine zaubert hübsche Muster, während eine andere für die Gestaltung von verschiedenen Blumen zuständig ist.
Nach 3h in der Kälte rummaschieren, entschieden wir uns für ein warmes Restaurant, wo wir auf Barteks Bestreben das erste Mal Taube ausprobierten. Ich fand es nicht besonders lecker. Taube ist dann doch etwas zu bitter und auch die Konsistenz des Fleisches hat mir nicht besonders Gefallen. Nach insgesamt 9-12 großen Flaschen Pijiu torkelten wir als letzte Gäste aus dem Restaurant heraus, während um uns schon fleissig aufgeräumt wurde.
Der nächste Tag startet früh, doch trotzdem schafften wir "nur" zwei Sehenswürdigkeiten. Aber immerhin handelte es sich bei beiden um von der Unesco ausgewählte Weltkulturerbe! Zuerst begutachteten wir den Puning Tempel, der mit seinem tibetischen Baustil und dem 22m-großen und 42-ärmigen Buddha beeindruckte. Eine Band spielte jedesmal das gleiche Lied sobald ein gläubiger Buddhist Geld spendetet um vor dem Tempel beten zu dürfen und ein paar Räucherstäbchen anzuzünden. Am Ende hatten sie das Lied so oft wiederholt, so dass wir schon mitsummen konnten.
Chinesischen Pondont zu den Bremer Stadtmusikanten: Elefant, Affe, Hase und Vogel.
Tibetahische Architektur.
Aus fünf verschiedenen Holzarten, 22m hoch, 44 Arme und einfach sehr beeindruckend.
Tibetahische Architektur.
Aus fünf verschiedenen Holzarten, 22m hoch, 44 Arme und einfach sehr beeindruckend.
Daraufhin schlenderten wir durch den Bishu Shanzhuang, einer riesigen alten Sommerresidenz der Kaiser. Wir dachten zwar, dass sich das für den Nachmittag am besten anbieten würde, doch leider blieb es den ganzen Tag lang über kalt. So kalt, dass man seinen eigenen Atem sehen konnte und ich auch die ersten Eiszapfen diesen Jahres entdeckte. BRRRR...
Erst im Bus zurück nach Peking konnten wir uns wieder ein wenig aufwärmen. Diesmal verlief die Busfahrt dann auch unspektakulär.
Man achte nicht nur auf das Reh, dass überraschend zutraulich war, sondern auch auf die deplatzierte Telefonzelle im Hintergrund des Geheges. Wer plant denn sowas??
Insgesamt war Chengde die Reise durchaus wert, doch verstehe ich warum mir die ganzen Chinesen gesagt haben, dass sie dort nur im Sommer hingehen würden... Schon im Herbst ists einfach zu kalt!
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