In Baotou gibt’s eigentlich noch weniger als in Hohot, doch ca. 1,5h entfernt geht die mongolische Landschaft in Wüste über. Aus dem nichts erstreckt so plötzlich noch mehr nichts, bzw. Unmengen von Sand so weit das Auge blicken kann. Da wir, wie schon vorher angedeutet, in der Nebensaison unterwegs waren, hatten wir uns darauf vorbereitet dass wenig los sein würde. Doch wir machten uns kein Bild davon, wie ausgestorben sich die ganze Geschichte gestalten würde. Der Taxifahrer mit dem wir die letzte Strecke fahren mussten, meinte anfangs sogar, dass alles geschlossen sei. Tatsächlich wurde für uns extra der Ticketschalter geöffnet und da wir mit einer Seilbahn die Sanddünen hinauffahren wollten, warfen sie auch speziell für uns die Seilbahn an. Schon eine besondere Behandlung, die wir so erfuhren. So merkwürdig mir das alles vorkam, so angenehm war die Erfahrung an sich. Das Abhandensein von Touristen führte dazu, dass wir die ganze Wüste für uns allein hatten. Man musste nicht um sein Daseinsrecht kämpfen, oder darauf warten, dass die ganzen Leute aus dem Weg gehen für die Möglichkeit ein Foto zu schiessen. So schlenderte ich gemütlich die Dünen hinauf, nahm die unglaublichen Weiten in mich auf und genoss die Ruhe. Für mich war es das erste Mal in der Wüste und ich war dementsprechend beeindruckt. Dazu kam noch, dass man Wüste zwangsläufig mit Hitze verbindet, doch auf Grund der Jahreszeit war es hier allerdings genauso bitterkalt wie im Rest der Inneren Mongolei. Nur ein wolkenloser Himmel und eine prall scheinende Sonne sorgten für ein gewisses Maß an Wärme, so dass ich mich sogar ein paar Mal im T-Shirt ablichten lassen konnte.
Der zweite Tag führte uns ins in ein Lamakloster gute 2h nordöstlich von Baotou. Das Kloster an sich war eher so mediumgeil, doch hatte man einen schönen Blick in die umgebende Berglandschaft. Auch die tibetanische Architektur des Klosters war schon interessant, auch wenn sie uns nicht umgehauen hat. Eher die Busfahrt zu zum Kloster entwickelte sich in eine Reise durch das wahre China. Man fuhr durch kleine Dörfer, konnte kleine Gassen hinaufsehen und den Menschen bei Vorbeifahren bei ihren alltäglichen Beschäftigen über die Schulter schauen. Schon ein teilweise erschreckendes Bild was man so bekommt. Man macht sich sonst kaum über die Armut und das teilweise doch sehr einfache Leben der Menschen auf dem Land kein Bild. Die Menschen leben in ihren kleinen Hütten, nur von ihren Feldern umgeben und leben dann von der Ernte, die sie dann am Straßenrand verkaufen. Wenn man dann in einem Dorf wohnt und wenigstens eine Stromverbindung hat, kann man sich schon fast als privilegiert betrachten.
Am letzten Tag unseres Aufenthalts haben wir uns nach langem Hin und Her gegen einen selbst organisierten Trip und für eine Touritour ins Grasland entschieden. Ich persönlich hatte keine Lust mehr mich von Bus zu Bus durchzuschlagen und wollte einfach einen entspannten Sonntag verbringen. Abgesehen davon, war ich mir nicht sicher wie und was überhaupt zu gegeben hätte, sobald wir mit dem Bus irgendwo abgesetzt worden wären… und das zu Recht wie sich im Nachhinein herausstellen sollte.
So buchten wir eine Tour und wurden morgens um 8.30 Uhr von einem Minibus abgeholt, der uns nach 2 Stunden Fahrt mitten im Nichts auf einem kleinen Bauernhof absetzte. Da waren wir nun… überall lag schon eine Schicht Schnee, es war übelst kalt (glücklicherweise hatte ich sowohl die sexy lange Unterhose als auch drei Paar Socken übergezogen), hatten keine Ahnung was passieren würde und wussten auch nicht so genau was dieser ganze Trip beinhaltete. Nach einem kleinen Aufwärmungstee konnten wir uns ein wenig auf dem Hof umsehen, entdeckten Schafe, ein paar Kühe und auch das eine oder andere Pferd. Plötzlich schoss mir durch den Kopf: „Naja, das hast du eigentlich auch alles zu Hause! Wieso machst du das hier noch mal?“ Und wegen dem Schnee war auch von dem berühmten Grasland eher wenig zu sehen. Nach einem deftigen Eintopf zum Mittag, mussten wir nach langer Diskussion noch mal 120 Yuan auf den Tisch legen um dann für zwei Stunden mit dem Pferd reiten zu können. Denn wie wir jetzt feststellten, waren in dem Tourpreis nur die Fahrt und das Mittagessen enthalten. Alles andere kostete extra. So stiegen wir alle auf ein Pferd. Für mich war es das erste mal, wie auch für Rainer. Rainer bekam dann auch das „Leithammelpferd“. Sein Schimmel ritt immer allen anderen Pferden voraus und er konnte es auch nicht zügeln als es gut einen km vorm Bauernhof wohl den Stallgeruch wahrnahm und im Galopp an allen vorbeiritt, um direkt im Gehege zu stoppen. Alle restlichen Pferde ließen sich ebenso wenig von uns steuern oder leiten, sondern hörten eher auf die Kommandos, Schnalzgeräusche oder Peitschenschläge unseres mongolischen Führers. Da fühlt man sich schon ein wenig ausgeliefert. Nur zum Ende hin gelang es mir über den Trab (der ein paar empfindliche Körperteile doch arg in Mitleidenschaft zog), hinauszukommen und das Pferd zum galoppieren zu bewegen, bis wir fast in einem Stacheldraht landeten. Nach zwei Stunden auf den Pferden waren wir dann auch alle mächtig durchgefroren. Der einsetzende Schnee und Wind verschlimmerte die Sache nur. Doch die Erfahrung war wieder einmal einzigartig. Weit und breit gab es außer ein paar verstreuten Höfen nicht viel zu sehen. Und da die Tourisaison schon rum war, herrschte auch in den touristisch angelegten „mongolischen Zeltansammlungen“ gähnende Leere, wo sich sonst wahrscheinlich die Touris gegenseitig auf die Füße treten.
Links sitzt unser mongolischer Führer mit uns in einem der Zelte, dass extra für uns geöffnet wurde.
Ausnahmsweise bekamen wir dieses Mal sogar Rückfahrttickets im Hardsleeperbereich, so dass wir weder fliegen noch mit dem Hardseater vorlieb nehmen mussten. Dementsprechend verlief die Rückfahrt dieses Mal sehr entspannt als wir uns um gut 21.30Uhr Richtung Peking auf den Weg machten.